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Testen – Weder Fluch noch Segen!

Ein Kommentar anlässlich des Artikels „Neuer Test soll Risikoschüler identifizieren“1

„Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache“, kommentiert Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) die Ergebnisse der letzten Pisa-Studie.2

Das größte Problem besteht darin, dass sich die Politik nicht ausreichend mit dem Thema „Testen“ beschäftigt. Für Politikerinnen und Politiker, die temporär wirken oder walten dürfen – je nachdem, wie man es sieht – zählt der kurzfristige Erfolg. In diesem Fall bietet es sich selbstverständlich an, sich eher jenen Mitteln zu verschreiben, die vermeintlich messbar sind.

Bedenklich ist, dass diverse Entscheidungen oder Aktionen von starker Kurzsichtigkeit und mangelnder Information beziehungsweise Kompetenz geprägt sind. Österreich ist erst seit wenigen Jahren im „Testfieber“. Während wir noch vor fünfzehn Jahren vielleicht einen Test bundesweit durchführten, „dürfen“ unsere Schülerinnen und Schüler mittlerweile aus einem richtigen Bouquet an Tests wählen: PISA, TIMS, PIRLS, BISTA und SRDP, ganz zu schweigen von den vielen länderspezifischen Tests, die von der Volksschule bis hin in den tertiären Bereich Einzug gehalten haben.

Noch viel bedenklicher wird es, wenn man sich die Inhalte diverser Tests genauer ansieht. Bereits in manchen Lesetests für die Volksschule gewinnt man den Eindruck, die Kinder müssten ihr Allgemeinwissen und ihren Hausverstand vor der Klasse abgeben, bevor sie eine Überprüfung machen. Gerade die oft mindere Qualität vieler Testaufgaben lässt darauf schließen, dass der Test weniger dazu verwendet wird, um den Leistungsstand der Testteilnehmenden zu evaluieren. Stattdessen erfüllt er vielmehr einen Selbstzweck; einfach Testen des Testens wegen.

Österreich hätte aufgrund seiner doch relativ spät einsetzenden systematischen und standardisierten Auseinandersetzung mit dem Testen die Möglichkeit, sich weltweit an den verschiedensten Modellen zu orientieren und sich im wahrsten Sinne die Rosinen aus all diesen Beispielen herauszupicken. Unsere Politikerinnen und Politiker hätten vor allem die Möglichkeit, aus den Fehlern anderer zu lernen und – anstatt diese nachzuahmen – wegbereitende Konzepte zu entwickeln, die international als Vorbild dienen könnten. Wir hätten jetzt die Möglichkeit, gerade in der Schule einen Paradigmenwechsel vorzunehmen und einen bedeutenden Umdenkprozess zu starten.

Es geht darum, Tests als Evaluierungstools zu sehen, Zeit und Energie in die Erstellung qualitativ hochwertiger Aufgaben zu investieren und die eigene Haltung dem Testen gegenüber neu zu definieren.

1 http://derstandard.at/2000052718645/Test-soll-Risikoschueler-identifizieren vom 17.2.2017
2 http://diepresse.com/home/bildung/schule/5130511/Pisa_Weltweit-groesste-Geschlechterkluft?offset=425&page=10 vom 6.12.2016

Heldinnen und Helden im Klassenzimmer!

Unsere Kinder brauchen Heldinnen und Helden!

Bei all den Hiobsbotschaften aus der Schule, die mittlerweile täglich über unsere Bildschirme huschen, seitenweise unsere Zeitungen füllen oder aus dem Radio plärren, sollte es nicht weiter verwunderlich sein, dass es dem einen oder anderen schon einmal sauer aufstößt.

Pleiten und Pannen vor dem ersten bundesweiten Einsatz der Zentralmatura so weit das Auge reicht. Ein zermürbendes Zeugnis für die Neue Mittelschule. Bescheidene Ergebnisse bei PISA, PIRLS und Co. Als Sahnehäubchen immer mehr Posts von Jung und Alt, deren öffentliche Kritik am vorherrschenden System innerhalb kurzer Zeit tausendfach kommentiert, geliked und geshared wird.

Sie sind besorgt? Aber nicht doch! Expertenrunden, Arbeitskreise und Task-Force-Formationen werden das Kind schon schaukeln. Wie bitte? Sie glauben das nicht? Ach, Sie werden das Gefühl nicht los, dass da irgendetwas nicht stimmt oder gar gewaltig schief läuft?

Möglicherweise hat dies damit zu tun, dass wir uns gerade im Bereich der Bildung mit etlichen unausgegorenen Konzepten und einem auffallend starken Mangel an Professionalität konfrontiert sehen. Oder hat es womöglich auch damit zu tun, dass unsere sogenannten Entscheidungsträger noch nicht ganz verstanden haben, worum es eigentlich geht? Am Ende des Tages sind es nämlich nicht die Schultypen, Unterrichtsmodelle oder standardisierten Tests, die Schule machen, sondern die Lehrerinnen und Lehrer.

Es gibt an Österreichs Schulen so viele wundervolle, ambitionierte und überaus kompetente Lehrerinnen und Lehrer. Visionäre, Träumer und Weltverbesserer. Menschen, die keine Fortbildung oder Studie benötigen, um zu wissen, wie wichtig es ist, einander respektvoll, wertschätzend und offen zu begegnen. Menschen, die begriffen haben, dass sich unsere Kinder und Jugendlichen nach starken, selbstbewussten Vorbildern sehnen, die in der Lage sind, sinnvolle Regeln aufzustellen, an denen sich die Jungen orientieren können, und die ihnen gleichzeitig den nötigen Raum bieten, um sich entfalten und selbständig arbeiten zu können. Es gibt so viele Menschen an unseren Schulen, die sich selbst gerne weiterentwickeln, weil Stillstand für sie keinen Sinn macht. Menschen, die Kreativität und Innovation fördern und die kein Problem mit Fehlern haben, sondern darin vielmehr die Möglichkeit erkennen, dazuzulernen und zu wachsen. Menschen, die ihre Hauptaufgabe nicht nur in der reinen Wissensvermittlung, sondern auch in der Herzens- und Persönlichkeitsbildung unserer Kinder und Jugendlichen sehen.

Dies sind die Lehrerinnen und Lehrer, denen wir vertrauen, an deren Lippen wir hängen und die es schaffen, Begeisterung zu verbreiten und jenes Feuer in uns zu entfachen, das uns dazu motiviert, unsere eigenen Grenzen immer wieder auszutesten und darüber hinauszuwachsen. Dies sind die wahren Heldinnen und Helden, die sich allen Widrigkeiten zum Trotz bedingungslos genau um die kümmern, um die es geht: Unsere Kinder!

Über die Abschaffung von Punkt- und Prozentsystemen in der Benotung kann genauso diskutiert werden wie über die Vor- und Nachteile einer zentral gesteuerten Schulabschlussprüfung. Was wir jedoch ohne Zweifel brauchen, sind viel, viel mehr Heldinnen und Helden im Klassenzimmer!